Im Juli 2013 beendete Karin Schnaase ihre internationale Badmintonkarriere. Sechs Monate später entschied sich die Lüdinghausenerin für den Rücktritt vom Rücktritt und erzielte in den folgenden Jahren ihre größten Erfolge als Einzelspielerin. Nach ihrer ersten Teilnahme bei Olympischen Spielen 2016 zog die 31-Jährige einen endgültigen Schlussstrich und ist jetzt voll im Berufsalltag angekommen.
Schnaase sprach mit uns über ihre neue Aufgabe, die schönsten Momente ihrer Karriere und verrät, wie es in der Bundesliga für sie weitergeht.
badminton.de: Karin, im Sommer 2013 hast du dich entschlossen, deine Karriere zu beenden. Was hat dich damals bewegt, den Schläger noch einmal in die Hand zu nehmen?
Karin Schnaase: Ich habe gemerkt, dass ich noch nicht komplett mit dem Badminton abschließen konnte. Ich war noch nicht ganz zufrieden mit dem, was ich erreicht hatte und es hat mich einfach in den Fingern gejuckt. Es gab dann Gespräche mit dem DBV und der Sportstiftung NRW. Zusammen haben wir dann mit der HUPFER Metallwerke GmbH eine Firma gefunden, die mich bei meinem Comeback unterstützen wollte. Dieses Angebot konnte ich einfach nicht ablehnen. Außerdem wurde mit dem Verband vereinbart, dass ich neben dem Training am Stützpunkt mit den Bundestrainern auch von meinem Bruder Christoph trainiert und gecoacht werden konnte. Das war für mich auch ein wichtiger Punkt.
badminton.de: Wie genau sah die Vereinbarung mit deinem Arbeitgeber aus?
Schnaase: Ich war dort als Marketingassistentin angestellt aber der Sport war dem Beruf klar übergeordnet. Gerade in der Olympiaqualifikation blieb neben Training und zahlreichen Turnieren nicht viel Zeit für die Arbeit. Das war ein großes Entgegenkommen der Firma und hat mir in diesen Monaten wirklich sehr geholfen.
badminton.de: Wie ging es nach den Olympischen Spielen weiter?
Schnaase: Nach Rio bekam ich eine Übergangszeit, in der ich 30 Stunden pro Woche gearbeitet habe. Seit dem 1. Januar 2017 bin ich nun in Vollzeit beschäftigt. Das ist natürlich ein sehr großer Unterschied zu meinem Leben als Leistungssportlerin. Früher habe ich jeden Tag trainiert. Heute bin ich froh, wenn ich es zweimal pro Woche in die Halle schaffe. Ich bin trotzdem glücklich mit meinem Entschluss. Der Zeitpunkt nach den Olympischen Spielen erschien mir einfach perfekt. Ich habe alles erreicht, was ich erreichen wollte und jetzt beginnt ein neues Kapitel.
badminton.de: Wie blickst du heute auf deine Karriere zurück? Hättest du aus heutiger Sicht etwas anders gemacht?
Schnaase: Rückblickend bin ich glücklich, dass alles so gelaufen ist. Ich habe nach meinem ersten Karriereende 2013 lange überlegt, ob ich noch einmal zurückkommen soll. Ich hatte damals gerade den Einstieg ins Berufsleben geschafft und war mir nicht sicher, ob es sich lohnt, das direkt wieder aufzugeben. Da ich dann aber zusammen mit der Sportstiftung NRW, meiner Firma, dem DBV und meinem Bruder ein gutes Gesamtpaket schnüren konnte, war das auf jeden Fall der richtige Schritt.
badminton.de: Im Jahr 2005 wurde der Bundesstützpunkt in Mülheim an der Ruhr gegründet und du warst von Anfang an mit dabei. Wie hat sich die Situation dort seitdem verändert?
Schnaase: Das hat auf jeden Fall eine sehr gute Entwicklung genommen. Zu Beginn mussten wir uns die Trainingshalle zum Beispiel noch mit den Schulen teilen. Heute steht dem Stützpunkt die komplette Halle zur Verfügung und es wurde auch ein neuer Kraftraum eingerichtet. Es war anfangs einfach alles noch nicht so professionell wie heute. Auch die medizinische Betreuung und die ganze Organisation ist viel besser geworden. Früher gab es auch noch kein Internat, davon profitieren heute gerade die jüngeren Spieler enorm.
badminton.de: Du sprichst gerade die jungen Athleten an. Es steht immer wieder zur Debatte, dass sich Talente gegen eine Karriere als Leistungssportler in Randsportarten entscheiden, weil sie sich dadurch finanziell nicht absichern können. Kannst du das aus deiner Erfahrung bestätigen?
Schnaase: Ich kann es verstehen, dass viele Jugendliche da abgeschreckt sind. Man muss sich auf jeden Fall auch eine zweite Option neben dem Sport offenhalten, weil die Fördergelder leider immer weniger werden. Ich kann aus meiner Erfahrung aber auch sagen, dass es sich auf jeden Fall lohnt, es zu probieren. Man bekommt durch den Sport und die vielen tollen Erlebnisse so viel zurück. Es ist natürlich ein großes Stück Arbeit, aber wenn man diesen Traum hat, dann sollte man es auf jeden Fall versuchen.
Ich muss aber zugeben, dass ich 2014 auch nicht wieder mit Badminton angefangen hätte, wenn mir die Möglichkeit durch meine Firma nicht gegeben worden wäre. Dadurch konnte ich weiter Leistungssport betreiben, hatte aber die finanzielle Absicherung durch den Beruf
badminton.de: Was wirst du in deiner Karriere am meisten vermissen?
Schnaase: Ja, da gibt es schon einige Dinge. Das sind besonders die Momente, wenn man für all die harte, schweißtreibende Arbeit belohnt wird. Auch die gemeinsame Zeit mit dem deutschen Team bei internationalen Turnieren und besonders bei den Mannschaftswettkämpfen wird mir fehlen. Und natürlich schließt man in so einer langen Zeit auch Freundschaften mit Athleten anderer Nationen, die man jetzt kaum noch zu Gesicht bekommt.
badminton.de: Als dein letztes internationales Turnier stehen nun die Yonex German Open in Mülheim an. Du wirst dort nicht mehr im Einzel antreten, sondern lediglich zusammen mit Birgit Overzier im Damendoppel. Wie kam es zu diesem Entschluss?
Schnaase: Man soll ja aufhören, wenn es am schönsten ist. Deshalb habe ich für mich entschieden, dass die Olympischen Spiele mein letztes internationales Turnier im Einzel sein sollen.
Ich habe damals zusammen mit Birgit am Stützpunkt in Mülheim begonnen und wir sind seit Jahren sehr gut befreundet. Während der Zeit in Rio de Janeiro kam uns dann die Idee, dass es schön wäre, als gemeinsamen Abschluss noch einmal Doppel zu spielen. Bei den Bitburger Open 2016 war das schon ein tolles Erlebnis und wir freuen uns beide, dass wir uns in Mülheim gemeinsam verabschieden können.
badminton.de: Geht es für dich in der kommenden Bundesligasaison noch einmal weiter, oder spielst du gerade auch deine Abschiedssaison für Union Lüdinghausen?
Schnaase: Ich werde auch in der nächsten Saison noch bei Lüdinghausen bleiben. Ob ich dann noch voll aktiv bin oder nur aushelfe, kann ich aber noch nicht sagen. Ich weiß noch nicht, wie fit ich mich bis dahin noch halten kann. Wenn ich Bundesliga spiele, will ich auch fit sein, um meiner Mannschaft helfen zu können. Ich bin sehr froh, dass wir mit Yvonne Li eine sehr gute Nachwuchsspielerin haben, die mich in Lüdinghausen im Einzel sehr gut ablösen kann. Wie genau es für mich weitergeht, werde ich in den kommenden Monaten entscheiden.
Vielen Dank für das Interview, Karin.