badminton.de: Michael, seit knapp vier Monaten lebst und arbeitest du nun in der Schweiz. Wie hast du dich eingewöhnt und was sind deine Aufgaben als Sportdirektor?
Michael Fuchs: In den ersten Monaten habe ich mich erst einmal in den Verband und das Sportsystem der Schweiz eingearbeitet und viele Mitarbeiter und Partner von Swiss Badminton kennengelernt. Ich habe einen recht breiten Aufgabenbereich, der die Schwerpunkte Elite, Nachwuchs und Trainerausbildung umfasst. Die größte Umstellung ist für mich, dass ich jetzt quasi einen Bürojob habe. Ich bin zwar noch immer viel unterwegs und begleite die Mannschaft auch zu größeren Turnieren aber natürlich sitze ich jetzt öfter am Schreibtisch als in meiner Zeit als Spieler. Aber es macht mir großen Spaß und ich gehe jeden Morgen gerne zur Arbeit.
badminton.de: Obwohl du deine internationale Karriere beendet hast, spielst du in der laufenden Bundesligasaison noch für den 1. BC Saarbrücken-Bischmisheim. Wie ist deine Trainingssituation in der Schweiz und wird man dich auch in den nächsten Jahren noch in der Bundesliga sehen können?
Fuchs: Ich bin momentan noch als Sparringspartner in der Schweizer Nationalmannschaft aktiv und trainiere dort zweimal pro Woche. Ansonsten versuche ich auch weiterhin, jeden Tag Sport zu machen. Aber bei Weitem nicht mehr in dem Umfang, wie ich das am Stützpunkt in Saarbrücken getan habe.
Noch fühle ich mich körperlich fit und es ist immer wieder schön bei den Heimspielen nach Saarbrücken zu kommen und die vielen bekannten Gesichter und Freunde wiederzusehen. Ich habe mich aber noch nicht entschieden, wie es nach der aktuellen Saison für mich weitergeht.
badminton.de: Du warst jetzt 15 Jahre lang als Leistungssportler am Olympiastützpunkt in Saarbrücken aktiv. Wie schätzt du die Entwicklung des deutschen Badmintonsports in dieser Zeit ein?
Fuchs: Natürlich hat sich in 15 Jahren vieles verändert und ich finde, dass man auf jeden Fall von einer sehr positiven Entwicklung sprechen kann. In der vergangenen Olympiaqualifikation hatten wir beispielsweise eine sehr gute finanzielle Unterstützung durch den Verband, das wäre zu meiner Anfangszeit in der Form nicht möglich gewesen. Auch das Niveau der Trainingsgruppe am Stützpunkt und die Stärke der deutschen Spieler im internationalen Vergleich haben kontinuierlich zugenommen. Ich würde sagen, dass sich die Qualität auf allen Ebenen erheblich verbessert hat.
badminton.de: Nach den Olympischen Spielen gab es wieder eine Grundsatzdiskussion über die Sportförderung in Deutschland. Oft wird bemängelt, dass alle Sportarten außer Fußball zu wenig finanzielle Mittel hätten, um bei Olympia für einen deutschen Medaillenregen zu sorgen. Wie siehst du die Situation im Badminton?
Fuchs: In den Randsportarten ist es generell schwierig, sich finanziell über Wasser zu halten. Im Badminton haben wir aber das große Glück, dass die Spieler durch die Bundesliga eine potenzielle Einnahmequelle haben. Das war für mich besonders in jüngeren Jahren essenziell. Außerdem hat mich die Sporthilfe im Lauf meiner Karriere großartig unterstützt.
Durch den wirtschaftlichen Boom in Asien ist in den vergangenen Jahren sehr viel Geld in den Badmintonsport geflossen. Dadurch sind die Preisgelder bei allen internationalen Turnieren kontinuierlich gestiegen und auch für Sponsoren wurde der Sport attraktiver. Als Top-10-Spieler kann man mittlerweile gutes Geld verdienen. Dahinter wird es dann allerdings deutlich schwieriger – das Gefälle ist dort sehr stark. Die große Schwierigkeit liegt darin, diesen Schritt in die Weltspitze zu schaffen und sich dort dauerhaft festzubeißen. Vor allem, weil Spitzennationen wie China, Malaysia und Korea ganz andere finanzielle Mittel haben, um ihre Spieler zu fördern.
badminton.de: Was waren für dich rückblickend die größten Erfolge deiner Karriere?
Fuchs: Es ist bei so einer langen Zeit natürlich schwierig, sich auf einige wenige festzulegen. Der fünfte Platz bei den Olympischen Spielen in London mit Birgit Overzier war auf jeden Fall ein grandioser Erfolg. Auch der zweite Platz bei den Europameisterschaften 2012 im Herrendoppel mit Oliver Roth und der Titelgewinn bei den Mannschafts-Europameisterschaften 2013.
Auch wenn es auf dem Papier nicht so ins Auge sticht, war für mich persönlich zum Beispiel der Turniersieg 2015 in Schottland mit Johannes Schöttler ein absolutes Highlight. Wenn man das mal so Revue passieren lässt, war die Qualifikation für Rio de Janeiro mit Johannes wirklich ein absolutes Wunder – sowohl medizinisch als auch sportlich. Was Johannes da trotz seiner schweren Hüftverletzung abgeliefert hat, ist für mich eine der größten Kämpferleistungen im Sport überhaupt. Gerade deshalb war die doppelte Qualifikation für Rio 2016 auch ein emotionaler Höhepunkt.
Vielen Dank für das Interview, Michael.