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"Positivität, Freude und Engagement vorleben"

Fabian Gruss ist ein sportverrückter, neugieriger und begeisterter Trainer. In unserem Gespräch erzählt er mir von unzähligen Werken, die er in der Vergangenheit verschlungen hat. Das Interesse geht über den Badmintonsport hinaus, er versucht jedoch stets Parallelen zum Badminton zu ziehen.

Von Michael Clemens

 

Angefangen hat alles in seinem Heimatverein. Hier wurde er schon als Jugendlicher als Assistenztrainer für Kindergruppen eingesetzt und absolvierte die Trainerassistenten- und C-Trainerausbildung in Niedersachsen. Nach dem Abitur absolvierte er ein FSJ im Sport, welches ihm die Möglichkeit gab, in viele verschiedene Abteilungen und Sportarten Einblicke zu erhalten.

Schnell erkannte Fabian, dass ihm das Coaching mehr Spaß macht als das eigene Spielen. In den sieben Jahren von der C- bis zur A-Lizenz (2015) folgten eine Vielzahl an verschiedenen Trainertätigkeiten, z. B. Honorartrainer im Landesverband Niedersachsen, Tätigkeiten im Lehrwesen verschiedener Landesverbände, Stützpunkttrainer und Teamleiter U13 in Niedersachsen, DBV-Honorartrainer Para-Badminton und DBV-U13/U15-Honorartrainer.

Parallel zum BWL-Studium, das er an seine Ausbildung zum Industriekaufmann und die folgende berufliche Tätigkeit anschloss, wurde ihm klar, dass er als Trainer hauptberuflich durchstarten will. 2018 nahm er deshalb die Stelle als Vollzeittrainer in Hamburg an. Im weiteren Gespräch fällt mir besonders Fabians Enthusiasmus und die Energie auf. Wieso Fabian gerne hart und intensiv arbeitet und inwieweit ihm der Trainerberuf dies möglich macht, findet ihr im nachfolgenden Interview.

Was begeistert Dich so an der Sportart Badminton?
„Die wahnsinnig schnellen Bewegungen und die atemberaubenden Wechsel von maximaler Schlaghärte beim Smash bis hin zu feinmotorischen, gefühlvollen Bewegungen und Schlägen am Netz, einfach klasse!“

Wie hast Du deine ersten Schritte als Trainer*in getätigt?
„Bereits im Alter von 16 Jahren habe ich parallel zu meiner eigenen aktiven Spielerzeit den Trainerassistenten gemacht. Relativ schnell wurde mir klar, dass ich höhere Ambitionen als Trainer habe. Daraufhin habe ich den klassischen Weg vom C zum A-Trainer vollzogen und meine Trainertätigkeiten stetig gesteigert (C-Lizenz 2008, B-Lizenz 2012 und A-Lizenz 2015).“

Warum bist Du Trainer? Was bedeuten die Tätigkeiten für Dich?
„Mir bereitet es Freude, Athleten*innen bei ihrem ambitionierten Weg zu begleiten. Außerdem gibt es kaum Trainingseinheiten, nach denen ich unzufrieden nach Hause gehe. Zwar bin ich in den Einheiten oft sehr ambitioniert und auch kritisch, dennoch schöpfe ich Freude und Energie aus meiner Tätigkeit, was vor allem auf die Athleten*innen und deren Fortschritte zurückzuführen ist.“

Wer hat Dich als Trainer geprägt?
„Einprägsam für mich waren zunächst einmal meine eigenen Trainer. Ich hatte dabei das Glück, dass schon mein erster Vereinstrainer, Detlef Söhndel, nicht nur als Trainer im Verein, sondern an Stützpunkten und in diversen Ausschüssen im Badminton tätig war. Später als Trainer suchte ich mir dann auch hauptamtliche Vorbilder. Dabei vor allem: Heinz Kelzenberg, Diemo Ruhnow und aus der Ferne Jürgen Klopp. Gleichzeitig war der Austausch mit den Kollegen in Niedersachsen, allen voran Lukas Dieckhoff, Michael Mai und Mirco Ewert immer sehr interessant.“

Gibt es drei Dinge, die Du als Trainer gelernt hast?

  • „So als Grundtyp bin ich eher ungeduldig, es hat etwas Zeit gedauert bis ich akzeptiert habe, dass manche Dinge sich erst durch viele Wiederholungen verbessern.
  • In den letzten Jahren als Trainer habe ich gelernt, dass meine eigenen Überzeugungen enorm wichtig für den individuellen Zugang zu Athleten*innen sind.
  • Als Trainer sollte man trotz Unsicherheiten stets Zuversicht ausstrahlen!“

Wie sollte eine optimale Trainingsatmosphäre für erfolgreiches Kindertraining aussehen?„Grundsätzlich muss eine fruchtbare Trainingsatmosphäre positiv, wertschätzend und durch Fleiß geprägt sein.“

Was sind Deine drei Tipps, wie man als Trainer*in im Kindertraining auftreten sollte?
„Das Training lebt von der Motivation und Begeisterung des Trainers. Diese Vorbildfunktion muss einem im Trainingssetting bewusst sein. Für das Training bedeutet das, Positivität, Freude und Engagement vorzuleben und auch langweiligere Inhalte mit Spaß zu verkaufen.“

Wie sollten Jugendwettkämpfe in den Altersklassen U11 und U13 aussehen?
„Am besten vielseitig. Das gilt sowohl für eine Mischung aus On- und Off-Court-Wettkämpfen, als auch für die Spielformen auf dem Feld. BadminPlay (für mehr Informationen bitte an bildung(at)badminton.de wenden) aus Dänemark hat hier ein sehr gutes Konzept. Insbesondere für uns Trainer*innen und unsere Einheiten sollte das aber lediglich eine Anregung sein, wie man 'Wettkampf' auch denken kann in diesen Altersklassen.“

Was ist Deine 'Best-Practice'-Übung im Kinder- & Anfängertraining?
„Da schließe ich nahtlos an die vorangegangene Frage an. Die beste Übung ist hier aus meiner Sicht gar keine Übung, sondern eine angepasste Spielform. Wettkämpfe mit veränderten Aufschlagsituationen, Bonuspunkten für bestimmte Situationen oder Bereiche, veränderte Felder, Bereiche… die Möglichkeiten sind groß.“

Hast Du einen Tipp für eine Maßnahme, mit der Du Unpünktlichkeit in den Griff bekommen hast?„Meine Freunde würden wahrscheinlich sagen: „Du fragst den Falschen“ (lacht). Hier trenne ich beruflich und privat sorgfältig. Wenn es um Termine für Training oder Wettkämpfe geht, dann bin ich auf den Punkt vor Ort. Aber halt auch wirklich auf den Punkt. Ich habe mir das einfach zur Gewohnheit gemacht, da ich gemerkt habe, wie wichtig gerade dieser Punkt in der Vorbildrolle ist.“

Welches Wort verwendest du am häufigsten beim Loben deiner Athleten*innen?
„Stark“

Welche Momente im Training zaubern Dir ein Lächeln ins Gesicht?
„Immer dann, wenn Spieler*innen eine Spielform verstehen und sie maximal ausnutzen. Ebenso wenn der ein oder andere ironische Witz während der Einheit gemacht und verstanden wird.“

Welcher Rat hat Dir in Deiner Karriere am meisten geholfen?
Diemo (Ruhnow, Anm. d. Red.) hat uns in einer Fortbildung mal das folgende Zitat von Mike Boyle gezeigt: „People don’t care how much you know, until they know how much you care “.

Welchen Tipp möchtest Du allen Trainer*innen in Badminton-Deutschland mitgeben?
„Seid gierig auf Neues, sucht auch außerhalb unserer kleinen Badmintonwelt nach Wissen und Erfahrungen und geht mit einer gewissen Bescheidenheit an dieses Wissen heran!“

Literaturtipps:
Spielformen und Methodik: „Fußball durch Fußball“ – Rene Maric& Marco Henseling
Athletik: „Werde ein geschmeidiger Leopard“ – Kelly Starrett, „Jeder Tag zählt“ - Mark Verstegen
Psychologie & Motivation: „Führen durch Fordern“ – Felix von Cube, „Selbstbild“ – Carol Dweck
Sportler/Trainerbiografien: „Open“ – Andre Agassi, „Weltmeister ohne Talent“ – Per Mertesacker

Was war Deine emotionalste Erfahrung als Trainer bisher?
„Trotz aller internationaler und nationaler Turniere war der letzte Aufstieg als Spielertrainer im Heimatverein zusammen mit vielen Teamkameraden, die ich schon als Jugendliche trainiert hatte, sicher am emotionalsten.

Was das Turnier-Level angeht sicher die WM 2019 im Para-Badminton, in welcher sich das Mixed ins Finale spielte. Das fand in der Haupthalle statt und bot mit dem Setting nahezu alles, was auch die später in der Halle stattfindenden Finals der Profis hatten. Aber auch gewonnene Endspiele bei meinen ersten Deutschen Jugendmeisterschaften als Trainer bleiben in Erinnerung. Es gibt viele Highlights in meinen Erinnerungen. Und ich hoffe, dass da noch einige Höhepunkte folgen werden.

Szenarien:

In Deiner aktuellen Trainingsgruppe befinden sich zwölf 13-jährige Mädchen, was unternimmst Du, um sie nachhaltig an den Verein zu binden?
„Das ist ja erstmal eine super Situation mit so einer homogenen Gruppe. Wichtig ist dann, eine gute und wertschätzende Atmosphäre in der Halle zu erhalten und zugleich die sich dann vielleicht abzeichnenden Unterschiede in der Motivation der Einzelnen zu berücksichtigen. U.a. der DBV bietet ja zudem auch zusätzliche Maßnahmen wie Girls Camps oder Mädchenprojekte an. Vielleicht kann auch ein solches Camp ein gemeinsames Ziel für die Gruppe sein, welches sie noch emotionaler an den Sport bindet. Ziel ist die Stärkung des Zusammenhaltes und Akzeptanz.“

Die Einschränkungen durch Corona halten an, was macht ihr?
„Wir brauchen unbedingt Wettkämpfe! Einige Spieler*innen können zurzeit gar nicht aufs Feld. Im Moment arbeiten wir mit den Athleten*innen seit Monaten vor allem an ihrer Physis. Einige Ergänzungen kann man auch Zuhause mit Ball und Schläger dazu hinbekommen, aber das ersetzt das Feldtraining einfach nie ganz. Einige Athleten*innen machen das mit herausragendem Einsatz, andere tun sich schwer ohne Wettkämpfe und wollen sich unbedingt messen. Einen kleinen Onlinewettkampf haben wir deshalb auch auf die Beine gestellt. Bis die Hallen wieder öffnen heißt es eben diese Charakterprüfung als Wettkampf anzunehmen.“

Wenn es Badminton nicht mehr gibt? Was machst du mit Deinem Tatendrang und Deiner Begeisterung?
„Ehrlich gesagt habe ich mir darüber länger keine Gedanken mehr gemacht, weil dieses Szenario hoffentlich nie eintritt. Plan A: Sportart wechseln. Plan B: Zurück an den Schreibtisch eines Unternehmens. Ich hoffe aber stark, die Begeisterung kann beim Badminton bleiben.“

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