Ihr Wunsch, den Europameister von 2012 bei seiner letzten Individual-WM auch im Achtelfinale aufschlagen zu sehen, ging allerdings nicht in Erfüllung: In einem streckenweise äußerst spannenden und durch spektakuläre Ballwechsel geprägten Zweitrundenmatch gegen den Weltranglistensechsten Chou Tien Chen aus Taiwan musste sich der 33-Jährige letztlich mit 22:20, 18:21, 14:21 geschlagen geben - und beendete damit zugleich seine Karriere als Leistungssportler. Die Mitglieder der deutschen Delegation verabschiedeten den deutschen Rekordmeister im Herreneinzel (neun DM-Triumphe) daraufhin mit stehenden Ovationen.
Detlef Poste: "Ich ziehe den Hut vor einem großen Sportler"
"Es ist schwer, direkt nach dem Spiel zu sagen, wie ich mich angesichts meines Karriereendes nun fühle. Ich bin ein bisschen enttäuscht über die Niederlage. Meine Vorbereitung auf die WM war allerdings auch nicht ganz so gut, ich war ein bisschen verletzt. Dennoch war es ein gutes Match, auch für die Zuschauer. Ich habe versucht, alles zu geben, und versucht, das Spiel zu genießen", so der dreimalige Olympiateilnehmer wenige Minuten nach dem letzten Ballwechsel - und einem spontanen Trikottausch mit seinem Gegner am Netz.
"Ich bin seit 14 Jahren professionell als Badmintonspieler unterwegs. Es ist sehr schön, dass mich hier so viele Fans, auch schottische, unterstützt haben. Chou Tien Chen hat sehr gut gespielt. Er war der Favorit in diesem Match", meinte Marc Zwiebler weiter.
Auch für Detlef Poste war die Partie des 84-maligen deutschen Nationalspielers gegen den Taiwanesen eine ganz besondere: "Der heutige Tag endete mit Marcs Spiel sehr emotional. Ich durfte ihn am Anfang seiner Karriere begleiten und durfte es jetzt, in seinem letzten Spiel. Marc hat darin gezeigt, was ihn in den vergangenen Jahren so oft ausgezeichnet hat: alles zu geben", sagte der Chef-Bundestrainer im DBV, der Marc Zwiebler bei seinem Abschied gemeinsam mit Xu Yan Wang, dem Bundestrainer Einzel, coachte. Er ergänzte: "Die Chance war für ihn da, das Achtelfinale zu erreichen. Ich ziehe den Hut vor einem großen Sportler!"
Chef-Bundestrainer optimistisch
Damit werden die Titelkämpfe in Schottlands größter Stadt ohne deutsche Beteiligung fortgesetzt: Trotz teils sehr guter Leistungen der Spieler des Deutschen Badminton-Verbandes (DBV) gingen am dritten Veranstaltungstag auch die anderen drei Partien, in die DBV-Asse involviert waren, verloren. "Der heutige Tag hat uns viermal den Vergleich mit der absoluten Weltspitze gebracht - am Ende leider ohne zählbaren Erfolg, aber mit guten Leistungen und sehr starken Phasen in allen Spielen", zog Chef-Bundestrainer Detlef Poste ein Fazit. "Wir hatten eine sehr junge Truppe am Start und haben viel Motivation, viele Ideen und viel Potenzial im gesamten Team. Wir sind ganz klar im Neuaufbau und ich bin optimistisch, dass wir bei den nächsten Meisterschaften dieser Art weiter vorne platziert sein werden", fügte der ehemalige Nationalspieler hinzu.
Immerhin gaben zehn der insgesamt 15 deutschen WM-Teilnehmer in diesem Jahr ihr Debüt bei Individual-Weltmeisterschaften. Herrendoppel Eine starke Leistung boten am Mittwoch auch Mark Lamsfuß/Marvin Seidel (1. BC Wipperfeld/1. BC Saarbrücken-Bischmisheim): Die Weltranglisten-34. im Herrendoppel mussten sich - nach begeisternden Aktionen in den ersten beiden Sätzen - erst mit 21:19, 15:21, 9:21 den an Nummer vier gesetzten Weltranglistenvierten Takeshi Kamura/Keigo Sonoda aus Japan geschlagen geben. Die bis dato einzige Begegnung, ausgetragen im Mai 2017 im Rahmen der Mixed-Team-WM in Australien, hatten die Asiaten noch in zwei Durchgängen für sich entschieden. "Schade. Denn ich glaube, wir haben sie 'drauf'", meinte der 23-jährige Mark Lamsfuß: "Noch zu Beginn des dritten Satzes war alles perfekt. Wir haben sogar geführt. Bis dahin hat u. a. von der Deckung her alles gestimmt."
Dessen 21 Jahre alter Doppelpartner analysierte: "Im dritten Satz haben sie ihr Spiel umgestellt und uns mehr arbeiten lassen. Dann wird es irgendwann extrem anstrengend. Wir wurden langsamer, während sie ihren Speed gehalten haben."
Die beiden jungen Nationalspieler des DBV bestritten in diesem Jahr erstmalig eine Individual-WM - und weckten in der Partie gegen die erfahrenen Japaner einmal mehr Hoffnungen für die Zukunft. Großes Potenzial bescheinigt etwa Ingo Kindervater, 97-maliger deutscher Nationalspieler und seit Anfang 2017 Bundesstützpunkttrainer Doppel/Mixed in Saarbrücken, den "Tokio-Kandidaten": "Sie waren über 35-40 Minuten gegen die Nummer vier der Welt mindestens dabei, teilweise sogar besser. So waren beispielsweise der Angriff und die Abwehr gut. Nun geht es darum, das, was wir können, länger zu spielen. Wenn uns das gelingt, gibt es nicht viele Gegner, die sie schlagen können ... Die Spielidee, wie wir sie jetzt haben, ist schon extrem gut!"
Gleiches gilt nach Einschätzung von Ingo Kindervater für Jones Ralfy Jansen und Josche Zurwonne (1. BC Wipperfeld/SC Union Lüdinghausen; Weltranglistenplatz 27), die ebenfalls in der zweiten Runde des Herrendoppelwettbewerbs ausschieden. Nach fulminantem Beginn verloren die 24 und 28 Jahre alten B-Kaderathleten des DBV die Begegnung mit den an Position sechs notierten Weltranglistensechsten Chai Biao/Hong Wei letztlich mit 29:27, 13:21, 14:21. "Das ist enttäuschend. Im ersten Satz haben wir Bestleistung gezeigt. Im zweiten und im dritten Satz haben wir es hingegen nicht geschafft, diese abzurufen. Ich ärgere mich total", so WM-Debütant Jones Ralfy Jansen selbstkritisch. Der gebürtige Indonesier und sein Doppelpartner Josche Zurwonne maßen sich in Glasgow erstmalig im Rahmen eines internationalen Turniers mit den Chinesen.
Damendoppel
Ebenfalls eine Premiere bei einem Wettkampf stellte das Zweitrundenmatch des Damendoppels Isabel Herttrich/Carla Nelte (1. BC Saarbrücken-Bischmisheim/TV Refrath; Weltranglistenplatz 36) gegen die an Position sechs notierten Chinesinnen Huang Dongping/Li Yinhui dar. Drei Matchbälle der Weltranglistensechsten konnten die Deutschen Meisterinnen abwehren, ehe das WM-Turnier für sie beim 7:21, 19:21 beendet war.
"Die Enttäuschung ist natürlich da. Ein bisschen konnten wir sie immerhin ärgern - im zweiten Satz. Im ersten Satz sind wir nicht richtig reingekommen", zog die 26 Jahre alte Carla Nelte ein Fazit. Die Olympiateilnehmerin von Rio 2016 fügte hinzu: "Im ersten Satz haben sie uns das Feld sehr groß gemacht. Im zweiten Satz haben sie mehr Tempo reingegeben, was für uns gut war, denn unsere Taktik sah ein schnelles Midcourtspiel vor. Außerdem konnten wir ihnen im zweiten Satz einige 'Fallen' stellen, den Ball z. B. mal zu kurz spielen."